Nahezu unveränderte Risikoprämien am Aktienmarkt trotz erheblicher Steigerung des risikolosen Zinssatzes

Das abgelaufene Kalenderjahr 2022 geht als Krisenjahr in die Geschichte ein. Der S&P 500 verlor satte 19,4 % und der DAX 40 lag über das Kalenderjahr gesehen mit 12,3 % im Minus.

Wenn Aktienmärkte fallen, verlangen die Marktteilnehmer mehr Rendite für ihr Engagement in Aktien. Bedeutsam ist dabei, wie die zum Betrachtungsstichtag geforderte Rendite vor dem Hintergrund der erwarteten zukünftigen Rückflüsse und der risikolosen Alternative einzuschätzen ist. Diese Frage beantwortet die implizite Risikoprämie.

Zum Stichtag 30. November 2023 veröffentlicht der Expertenzirkel für Unternehmensbewertungen für die USA eine implizite Risikoprämie von nur 3,1%. Das ist die Rendite, die die Marktteilnehmer für amerikanische Aktien bei gegebenen Gewinnerwartungen an Überrendite gegenüber dem risikolosen Zins im Dollar (10-jährige Staatsanleihen der USA) in Summe einpreisen. Zwar ist die Marktrendite mit den fallenden Börsenkursen angestiegen. Dem steht jedoch der viel zitierte Zinsanstieg gegenüber. Im historischen Vergleich erscheint die veröffentlichte letzte Aktienrisikoprämie des Expertenzirkels damit als sehr gering, was an den vielen Krisen und Gewinnschätzungen per Ende November lag.

Für den deutschen Aktienmarkt berechnet der Expertenzirkel für den gleichen Stichtag eine implizite Rendite von immerhin 7,15 % bei einem risikolosen Alternativzins von 1,94 % (Rendite einer deutschen Staatsanleihe mit zehnjähriger Laufzeit).

Im Hause Pestlin & Co. haben wir zum Jahresauftakt die Gewinnerwartungen aller im S&P 500 zusammengefassten Unternehmen auf den Indexstand bezogen und wie gewohnt eine Ausschüttungsquote (Dividenden plus Aktienrückkäufe) in Höhe von 80 % unterstellt.
Zum 5. Januar 2023 ergibt sich eine Marktrendite von 9,4 %. Nach Abzug von 3,7 % für den risikolosen Zins (Rendite einer US-Amerikanischen Staatsanleihe mit 10-jähriger Laufzeit per 05.01.22) resultiert eine Aktienrisikoprämie in Höhe von ausreichenden 5,7 %.

Diese implizite Risikoprämie deckt sich mit der seitens von Aswath Damodaran von der STERN Universität veröffentlichten Rendite für den amerikanischen Aktienmarkt zum Ende des abgelaufenen Kalenderjahres.

Diese Risikoprämie für den weltweit liquidesten Aktienmarkt ist eine bedeutende Ausgangsgröße zur Herleitung von Diskontierungsfaktoren für Unternehmensbewertungen. Vergangenheitsorientierte Risikoprämien finden kaum mehr Verwendung.

Für den DAX 40 errechnen wir bei gleicher Methodik eine Marktrendite von 9,6 %, demnach in etwa gleicher Höhe wie für den S&P 500. Da der risikolose Zinssatz im Euro jedoch nur 2,3 % beträgt (Rendite einer deutschen Staatsanleihe mit 10-jähriger Laufzeit), liegt die implizite Risikoprämie des DAX 40 zu Beginn des Jahres bei 7,3 %. Aus historischer Sicht ist der DAX 40 damit attraktiv verzinst und bei gegebenen Gewinnerwartungen nicht überbewertet.